Lesenswerte Figuren erschaffen - das ist das ZielDie Figuren deines Romanes sind es, die über Erfolg und Misserfolg des Werkes entscheiden. Menschen interessieren sich am meisten für Menschen, meist jedenfalls. Hier findest du Hilfen und Anregungen, interessante, spannende, besondere, liebenswerte, hassenswerte und außergewöhnliche Figuren bzw. Charaktere zu erfinden, auszuarbeiten und gekonnt in deinen Roman einzuführen.

Prüfe einmal, welche Bilder in dir hochkommen, wenn du an etwas länger zurückliegende Lesevergnügen denkst. Es sind die Charaktere des Romans, die einem als Erstes in den Sinn kommen. Nicht die Handlung, und sei sie noch so actionreich gewesen. Zunächst taucht das Bild einer Figur auf. Und das sagt eigentlich alles.

Was sind gute Figuren?

Das ist die 1 Million-Euro-Frage bei der Erstellung eines Romanes. Es gibt kein Patentrezept. Am Ende ist es ein subjektives Gefühl, ob die Figuren stimmig und doch fesselnd sind, unsere Emotionen wecken. Du kannst solche Mitwirkende in deiner Geschichte auf verschiedene Weisen entwickeln - einige stellen wir hier vor.

... lesen wir vor allem weiter, weil wir wissen wollen, was mit den Figuren geschieht. Damit wir uns aber ernsthaft um diese ... sorgen, müssen sie für uns zu leibhaftigen Menschen werden. Elizabeht George, Schriftstellerin

Schön wäre es, wenn du (und deine Testleser) am Ende der Figurenentwicklung die folgende Frage mit »Ja« beantworten: »Ist diese Figur so interessant, dass ich eine Geschichte über sie lesen bzw. einen Film über sie sehen möchte?«

Wie kommst du dahin? Es gibt einige Regeln und empfehlenswerte Vorgehensweisen, die du aber natürlich nach Belieben ignorieren oder brechen darfst. Es sollte am Ende nur funktionieren :-), sprich, den Leser fesseln und nicht langweilen oder genervt aufstöhnen zu lassen, »weil so nie ein Mensch handeln oder fühlen würde«.

Wir fangen mit allgemeinen Empfehlungen an.

Figuren müssen etwas wollen

Wir werden von unseren Bedürfnissen und Leidenschaften durchs Leben geführt. Hinzu kommen noch instinktive Handlungen und, selten, rationale Entscheidungen. Für dein Buch ist es wichtig, dass deine Hauptfiguren ein Ziel vor Augen haben und dieses engagiert verfolgen.

Nicht so lau, wie wir es im Alltag erleben. »Ich müsste mal ...«, »Morgen beginne ich ...« oder »Es wäre ganz nett, wenn ...« - Nein! Für deine Figuren geht es um Sein oder Nichtsein. Keine Kompromisse, zumindest nicht am Anfang der Geschichte.

Durch diese Wünsche geraten Sie in Konflikt mit der Außenwelt, mit einem Gegenspieler, der Natur, dem politischen System usw. Oder mit dem eigenen Wertvorstellungen ... egal, hauptsache, der Widerstand ist im Spiel. Konflikt fesselt Leser.

So kommt dein Roman ins Rollen. Die Figuren versuchen, die Widerstände zu überwinden, schaffen es, treffen auf Neue und am Ende löst sich das Ganze dann irgendwie auf.

Ein Charakter muss glaubwürdig sein

Wer glaubt schon an den Weihnachtsmann?Schon der barmherzige Selfmade-Millionär wirkt verstörend, weil man eigentlich eher aufs eigene Wohl bedacht ist, wenn man finanziell so erfolgreich wird. Unglaubwürdig auch ein Handelsreisender, der zum einen das ganze Jahr in der Welt umherreist, parallel aber ein großes Interesse am Wohlbefinden seiner Kinder haben soll. Beides passt nicht richtig zusammen. Es ist nicht unmöglich, doch wenn du es als Autor nicht wohl begründest, verstört es den Leser.

Um diese Glaubwürdigkeit zu erzielen, hilft es, Figuren zu erfinden,

  • deren Emotionen du nachempfinden kannst und/oder
  • denen du sympathische Gefühle entgegenbringst und
  • deren Erlebnisse du in Gedanken selbst durchlebst.

Vor allem die besonderen Eigenschaften, die herausstechenden Merkmale solltest du sorgfältig begründen. Warum ist dieser Junge zur Kampfmaschine geworden, weshalb will jener unbedingt Präsident werden oder wie erhielt diese die Gabe zur Weissagung?
Hilfreich für einen glaubwürdigen Handlungsablauf ist es, seine Figuren ernst zu nehmen. Würde sie wirklich so handeln? Tipp: Versuche, die Motivationen des Charakters konkret in Gedanken nachzuvollziehen, dort mitzuerleben. Wenn dabei kein komisches Gefühl aufkommt, wird auch der Leser die Romanfigur für plausibel erachten.

Der Charakter muss zur Handlung passen

Einige Autoren berichten davon, dass sich ihre Figuren im Verlaufe einer Geschichte schlichtweg weigern, das zu tun, was sie als Autor von ihnen wollen. Die Eigenschaften der Figur verhindern, dass der nächste notwendige Schritt getan wird.

Wie konnte es dazu kommen? Ganz einfach - der Charakter passt nicht zum Plot, den die Autorin im Sinne hatte. Wahrscheinlich ist sie bei der Entwicklung der Charaktere zu oberflächlich vorgegangen. Oder sie hat schlichtweg den Handlungsablauf nicht berücksichtigt.

Wenn du als Autor diese Probleme ignorierst und die Figuren Handlungen begehen lässt, die nicht zum Charakter passen, wird dein ganzer Roman als schlecht empfunden.
Was hilft gegen diese Falle? Natürlich Plot und Charakter aufeinander abzustimmen. Ein gutes Gefühl für seine Figuren bekommen, bevor du dich an die Rohfassung deines Textes machst. Schreibe Lebensläufe deiner Charaktere. Überlege, welche Aufgaben und Konflikte im Plot auftauchen sollten, damit deine Figuren ihr ganzes Potenzial in einem Feuerwerk entfachen können. Stimme Plot und Charakter aufeinander ab.

Äußeres und Verhalten

Kurz einige grundlegende Worte zum Erscheinungsbild des Romanpersonals. Du hast schon gehört, dass du ein klares Bild von deinen Mitwirkenden vor Augen haben solltest, auch wenn du dem Leser nicht alle Details im Laufe des Buches offenbarst. Wichtig ist, dass du die Einzelheiten kennst. Um sicher zu sein im Umgang mit deinen Figuren. Um nicht ins Straucheln zu geraten, um glaubwürdig zu bleiben.

Optimalerweise spiegelt das Äußere etwas vom Inneren deiner Figur wieder. So wirken diese (auf unbewusste Weise) authentischer auf deine Leserschaft. Ein Beispiel wären die roten Haare in Verbindung mit einem schwungvollen Temperament.

Dann habe eine Vorstellung von den körperlichen Grenzen deines Charakters. Kann das 8-jährige Kind von Seite 13 wirklich den schweren Käfig vom Tisch heben? Sollte es deswegen vielleicht eher 10 sein? Oder scheitert der nette Alte von nebenan bei der Bedienung des herumliegenden Smartphones? Muss ich ihn deswegen jünger machen? Oder gebe ich ihm einen Faible für technische Neuheiten mit?

Verhalten

Von besonderem Reiz für den Leser ist das Verhalten einer Figur. Sehr gerne werden Ticks und Eigenheiten gelesen, die allerdings mit dem Charakter der Figur harmonieren und ein stimmiges Gesamtbild ergeben sollten.

Wie macht dein Protagonist sein Bett? Wie spricht er mit seinem Vorgesetzten? Wie bereitet er das Frühstück? Handlungen, auf spezifische Art durchgeführt und entsprechend detailliert geschildert, können zur Charakterisierung deiner Figur beitragen. Sie machen die Gestalt rund, bringen sie dem Leser näher und ziehen diesen damit tiefer in die fiktionale Welt hinein.

So du die Ausarbeitung deines Charakters sorgfältig betrieben hast, darfst du ihm im Schreibprozess ein Eigenleben ermöglichen. Sein Verhalten sollte sich dann schlüssig aus seinen Eigenschaften ergeben. Aus dem, was er gerne tut und für das du ihm die Fähigkeiten mitgegeben hast.

Die Sprache

Spezielle Spracheigenheiten einer Figur können mehreren Zwecken dienen:

  • Sympathie oder Antipathie für die Figur wecken
  • die Person charakterisieren, z.B. Rückschlüsse auf Bildungsstand und Herkunft ermöglichen, Einstellungen zu Personengruppen offenbaren etc. Auch Schweigen offenbart etwas.
  • Personen während eines Dialoges auseinanderzuhalten - du musst dann nicht immer schreiben »sagte Detlef«, wenn Detlef als Einzigerziger einen bayrischen Slang spricht

Von daher überlege dir bei der Ausarbeitung deiner Gestalten, ob sie nicht besondere sprachliche Merkmale aufweisen könnten, die sie aus der Masse hervor heben. Oder welche ihre besonderen Eigenschaften unterstreichen.

Und: Wenn du Dialoge entwirfst, sollte Ausdruck und Wortwahl zu Intelligenz, Herkunft und Erziehung deiner Figur passen.

Der Name der Figur

Unterschätze nicht die Wirkung der Namen deines Buchpersonals, vor allem derer von Protagonist und Gegenspieler. Ihre Namen werden vielleicht die häufigsten Worte deines Buches sein.

Namen erzeugen Eindrücke bei uns. Wer denkt schon bei Margarete an ein Topmodel? Oder bei Ede an einen intelligenten Physiker? Der Klang des Namens sollte zum Charakter passen.

Harry Potter, Frodo, Tom Sawyer, Moby Dick, Selma und Louise, Micky Maus. Was haben diese Namen gemeinsam? Sie sind keine Zungenbrecher, sind einprägsam, harmonieren mit dem jeweiligen Charakter. Oft sind sie zweisilbig. Der Nachname passt zum Vornamen. Unser Tipp: Weiche von diesen Normen nur ab, wenn du gute Gründe dafür besitzt.

Darüber hinaus sollte der Name auch zur Gegend passen, in der dein Roman spielt.
Keine Ideen für gute Namen? Im Zeitalter des Internets kein Problem. Hier eine kleine

Auswahl an Hilfen:

  • Nutze Filmabspänne oder Namensbücher.
  • Im Internet gibt es zahlreiche Vornamensregister, zum Beispiel die Vornamen auf Baby Welten. Dort finden sich auch Rubriken für länderspezifische und geschichtliche Vornamen.
  • Nutze den Realnamen- oder Fantasynamen Generator
  • Internationale Namensfinder: Random Name Generator (Vornamen für viele Sprachen, kann auf genrespezifische und/oder länderspezifische Namen eingeschränkt werden), Fantasy Name Generator (ebenfalls mehrere Einstellmöglichkeiten) oder den mikronationalen Namensgenerator (Namen passend zu Sprachfamilien, es wird immer ein Name nach dem anderen angezeigt)
  • Manch einer verwendet ein mexikanisches Telefonbuch :-)
  • Seltene Vornamen
  • Auch hilfreich: Verwandt.de/karten, hier findest du, wo welche Nachnamen innerhalb Deutschland gehäuft vorkommen.
  • Die englische Seite http://wordoid.com/ kreiert auch auf deutsch völlig neue Wörter. In der Grundfunktion weniger nützlich zur Namensfindung. Aber wenn man einen Namen zu einem gegebenen Anfang sucht, kann dieses Tool hilfreich sein.

Vermeide Klischees

Der Zigarre rauchende Bankdirektor, der heruntergekommene Privatdetektiv, der draufgängerische Abenteurer .... alles schon dutzende Male dagewesen und von daher für den Leser uninteressant. Sagt man.

Versuche von daher, neue Kombinationen von Eigenschaften zu finden, eventuell unter Berücksichtigung der Gegebenheiten der modernen Zeit. So würde ein kokainsüchtiger Ermittler stark an Sherlock Holmes erinnern, einer der den ganzen Tag Red Bull trinkt nicht unbedingt.

Ein komplexer Charakter mit Widersprüchen, bei dem der Leser auch mal Überraschungen erlebt, ist der beste Schutz vor der Klischeefalle. Wenn die Figur dann noch glaubwürdig rüberkommt, ist der Lesegenuss und die bleibende Erinnerung an diese Romanperson gesichert.

Im Buch darf es etwas mehr sein

Die laue Alltagsmotivation der meisten Menschen hat im Roman nichts verloren. Sie langweilt den Leser fast immer. Die Figuren deines Buches sollten gut motiviert sein, etwas unbedingt wollen. Das treibt den Roman voran und lässt den Leser mitfiebern. Er macht sich das Ziel des Protagonisten zueigen.

Die Hauptmotivation des Protagonisten ist oftmals die treibende Kraft für den ganzen Roman. Kompass der Handlung und Energiequelle des Plots zugleich. Darum sollte dieses Ziel wohl begründet und natürlich schwer zu erreichen sein.

Aber auch bei den sonstigen Eigenschaften und Lebensumständen sollte es extremer zugehen. Romanfiguren leben intensiver, haben mehr Sex, ungewöhnliche Hobbys ... Eine gute Richtschnur wäre, wenn du jeder Figur eine Extremeingenschaft mitgibst: Besonders erfahrenerer Pilot, ein fotografisches Gedächtnis, tiefes Einfühlungsvermögen ... Dies wirkt sich auf die Lebendigkeit deines gesamten Buches förderlich aus. Aber, siehe unten, wenn eine Figur in einem Bereich spitze ist, sollte sie in einem anderen dafür versagen.

Der Protagonist führt seine Handlungen mit überzeugendem Know-How aus. Er/Sie arbeitet dabei an der sogenannten Maximalkapazität. Sprich: So gut es Ihnen jeweils möglich ist. Du als Autor hast es in der Hand, dir tagelang über eine Reaktion Gedanken zu machen, welche im Buch nur wenige Absätze einnimmt. Lass den Charakter dabei nicht unter seinen Möglichkeiten bleiben. Dies gilt auch für den Dialog. Du kannst dir zur Überprüfung dieser Empfehlung immer wieder die Frage an deinen Plot stellen: Was könnte die Figur noch tun, das klüger, dramatischer, lustiger oder überraschender wäre. Nur glaubwürdig muss es bleiben.

Alternativ oder ergänzend erquicken konträre Charakterzüge: Die biedere Hausfrau, die abends strippt, der Pfarrer der Poker spielt usw.

Ebenfalls fesselnd wirken starke Triebe wie Ruhmsucht, Sadismus, krankhafter Ehrgeiz, Hass ...

Interessante Figuren sind gut und böse
Gute Figuren besitzen auch Schattenseiten

Wir Menschen tragen alle das »Gute« und das »Böse« in uns. Bei dem einen kommt dieses zum Tragen, beim anderen jenes. Eine nur gute Figur wirkt schnell klischeehaft und langweilig. Lege deinen Charakter von daher auch mit Schwächen und/oder verbotenen Wünschen und/oder gemeinen Vorgehensweisen an. So gibst du dem Leser viel eher das Gefühl, über einen echten Menschen zu lesen und ziehst ihn tiefer in deine fictionale Welt hinein. Zusätzlich wirken Fehler bei anderen Menschen spannend: Wird dieser unfeine Charakterzug im Laufe des Buches aufgedeckt? Wird der Protagonist deswegen Schwierigkeiten bekommen?

Diese negativen Charaktereigenschaften stellen einen guten Schutz gegen den Hang der meisten Neu-Autoren dar, die Handlung ohne Konflikt dahinplätschern zu lassen. An einem unanständigen Zug, einer Abneigung oder einer Schwäche kann sich immer wieder Konflikt und damit Spannung aufbauen.

»Niemand will etwas über vollkommene Charaktere lesen.« Elizabeth George, Schriftstellerin

Diese »Vielseitigkeit« deiner Figur gibt ihr darüber hinaus Tiefe und lässt sie somit realer erscheinen.

Innere Konflikte

Wie bereits geschildert ist ein Roman, bei dem die Handlung ohne Probleme dahinplätschert, einfach nur langweilig. Konflikt und Widerstand sind die Lösung für dieses Problem. Das gilt auch für Figuren. Elizabeth George betont, dass den Leser niemand interessiert, der gesund und glücklich ist. In Ihrem Elend und Unglück, bei der Bekämpfung von Schicksalsschlägen fesseln Sie unsere Aufmerksamkeit.
Eine Hauptquelle der Spannung für dein Buch kann der innere Konflikt der Personen sein.

Nehmen wir als Beispiel einen Geschäftsmann, der ehrlich bleiben möchte. Wird er seine Kunden auf die Nachteile des Geschäftes aufmerksam machen? Oder ein Polizist, der seiner Tochter das Auslandsjahr ermöglichen möchte und dem Schweigegeld angeboten wird. Oder die Frau, die sich in den Partner Ihrer besten Freundin verliebt. Immer kämpfen zwei innere Wünsche der Figur gegeneinander an und fesseln den Leser: Welcher Wunsch wird die Oberhand gewinnen?

Innere Konflikte resultieren meist aus sich widersprechenden Motiven der Protagonisten. Sie können aber auch in eigenen Unfähigkeiten begründet sein: Zu schwache mathematische Fähigkeiten für das gewünschte Studium, ein dunkler Fleck in der Vergangenheit, der bei der Stellenbewerbung nicht angegeben wird, dem Drang, morgens liegenzubleiben versus dem Ehrgeiz, voranzukommen ... Deine Protagonisten kämpfen dabei gegen Ihre persönlichen Schwächen. Die Möglichkeiten sind endlos.
Oft geht es bei inneren Konflikten um Angst, etwas zu tun. Man möchte etwas, traut sich aber nicht. Vielleicht aufgrund schlechter Erfahrungen. Lass den inneren Konflikt immer wohlbegründet sein, schildere Details aus der Lebensgeschichte, die diesen Konflikt deutlich machen oder begründen.

Auch starke Figuren dürfen mal schwach sein

Bei jedem gibt es im Leben Hochs und Tiefs, mal fühlen wir uns gut, alles klappt und wir treiben Dinge voran. Zu anderen Zeiten sind wir kraftlos, begehen Fehler oder sind sogar böse. Auch das macht eine Figur lebendig und kann zu innerem Konflikt führen.

Spitzenfiguren entwickeln sich

Eine statische Figur, zum Beispiel die deprimierte Witwe, die das ganze Buch über traurig  bleibt, führt zu Langeweile. Dynamische Entwicklungen fesseln den Leser. Von daher sollten, wenn möglich, auch die Figuren einen Wandel von A nach B vollziehen. Sehr schön kann das genutzt werden, wenn der Protagonist nur durch diese Reifung am Ende den Haupt-Konflikt des Romanes gewinnen kann.

Menschen reifen an Erfahrungen. Deine Figuren könnten an den Erlebnissen und Erkenntnissen im Roman wachsen. Insbesondere die Bearbeitung von Konflikten führt zu innerem Wachstum. Deine Romanmitspieler lernen dazu, erwerben neue Fähigkeiten und können so die Aufgaben im Buch am Ende lösen.

Oder, im Falle sich widersprechender Wünsche: Zu Beginn des Buches geben Sie dem einen Verlangen nach, am Ende des Buches aber dem Entgegensetzen. Und lösen so den Hauptkonflikt.

Oder auch nicht. Du kannst die Figuren auch in eine Abwärtsspirale schicken, sie immer tiefer sinken lassen. Entscheidend ist der Wandel, den wollen wir als Leser sehen.

Fazit: Die Romanfiguren dürfen am Ende des Buches gerne andere Menschen sein als zu Beginn.

Der zentrale Charakter

Abschließend sei gesagt, dass du alles vorher erwähnte insbesondere für den zentralen Charakter deines Buches ausarbeiten solltest. Dieser ist der Lotse des Buches für den Leser. Er sorgt für die Bedeutung der Handlung (aus seinen Motiven, die der Leser übernimmt), schafft damit Gefühle und treibt die Handlung kontinuierlich voran.
Widme ihm also besondere Aufmerksamkeit.

Wie lerne ich meine Figuren kennen?

Viele Schriftsteller setzen sich erst an die Rohfassung einer Geschichte, wenn Sie alle Teilnehmer ihres Romanes ausgearbeitet haben. Ganz einfach deswegen, weil in den Eigenschaften der Figuren ein Großteil der Geschichte enthalten ist.

Manche stellen sich eine Vielzahl von Fragen über Ihre Figuren, andere versetzen sich über Wochen in diese Figuren hinein und fragen sich zum Beispiel bei jedem Ereignis: Was würde Figur XY jetzt dazu sagen? Wie würde sie reagieren? Was würde Sie denken? Wieder andere schreiben ganze Lebensläufe zu jeder Figur.

So oder so, du solltest deine Hauptfiguren schon sehr genau kennen, bevor du dich ans Schreiben machst. Bei Nebenfiguren reichen oberflächliche Eigenschaften, aber über deine erste Garnitur solltest du:

  • Alles zum Äußeren wissen, vor allem die charakteristischen Eigenschaften
  • Das Kernbedürfnis (oder mehrere) als Richtschnur des Verhaltens einer Figur kennen. Bei Kindern werden hier zum Beispiel körperliche Sicherheit, Vorhersehbarkeit der Umwelt, Liebe, Aufmerksamkeit, Lob, Empathie und Neugier genannt. Bei Erwachsenen treten manchmal andere Bedürfnisse in den Vordergrund: Sexuelle Ziele, Geltungsbedürnis, finanzieller Erfolg usw.
  • Die Vorgeschichte deiner Figur kennen
  • Alles über soziale Schicht, Freunde, Familie und erweitertes Umfeld wissen. Die Schulen, den Glauben, die politische Einstellung, die Art der Erziehungen der jeweiligen Figur.
  • Die psychischen Irrungen und Wirrungen und Details beherrschen: Intelligenz, Sehnsüchte, Motivationen, Süchte, sexuelle Vorlieben, Hemmungen, Ängste, Talente, Angewohnheiten, Empfindlichkeiten.

Der Leser zeigt sich interessiert an Details aus dem Leben der Hauptfiguren. Hieraus resultieren Motivationen, daraus Handlungen und diese treiben die Geschichte voran.
Wir haben auf literatur-welten.de einige Hilfen zusammengestellt. Besonders bei einer Vielzahl von Figuren empfiehlt sich eine Excel-Tabelle der Mitwirkenden, um die Übersicht zu behalten. Schau doch, welche davon für dich nützlich sind:

Charakter-Checkliste

Konkret werden - die Figuren in deinem Roman brauchen, um für den Leser Wirklichkeit zu werden, ganz spezifische Eigenschaften: ein Zuhause, eine Haarfarbe, eine bestimmte Figur, Freunde, eigenständige Gefühle. Du musst nicht alle Details einer Figur im Buch aufführen, solltest sie aber für dich im Hinterkopf haben.

Der einfachste Ansatz zur Charakterisierung deiner Figuren liegt darin, deren innere und äußere Kennzeichen anhand einer Tabelle festzulegen. Wie tief du hierbei gehst hängt von der Wichtigkeit der jeweiligen Person innerhalb deines Romanes und den spezifischen Gegebenheiten deiner Story ab. Ein Buch über einen Modelcontest sollte zum Beispiel mehr auf die äußerlichen Merkmale der Teilnehmerinnen preisgeben als für einen Spionagethriller notwendig wäre.

Bewährt hat sich für diesen Arbeitsschritt eine Excel-Tabelle, mit der du auch eine größere Menge an Figuren übersichtlich im Auge behalten kannst. Wir bieten dir kostenlos zwei Fassungen zum Download an: eine längere Version für die Hauptpersonen des Romans, eine kürzere für Nebenfiguren. Passe die Tabelle einfach deinen Bedürfnissen an, indem du Zeilen ergänzt oder löscht.

Einen Lebenslauf schreiben

Aus seiner individuellen Lebensgeschichte begründet sich ein Großteil der Handlungen, Irrungen und Wirrungen eines Menschen. Wenn wir diese Geschichte kennen, können wir künftige Entscheidungen und Reaktionen der Person fast prophetisch vorhersagen. Darum ist es so sinnvoll, Lebensläufe, zumindest für die Hauptfiguren einer Geschichte, im Hinterkopf zu haben.

Nehmen wir an, du wurdest von deinen Geschwistern immer gehänselt und geärgert. Würde das nicht wunderbare eine Menschenscheu oder einen Misanthropismus begründen? Oder die Wohnlage neben dem Freibad eine spätere Schwimmkarriere?
Details aus dieser Lebensgeschichte kannst du dann ideal in kurzen Gedankenrückblenden (oft nur ein Satz) nutzen, um die nächste Reaktion deines Charakters plausibel zu machen.

Aber solch ein Lebenslauf dient nicht nur der psychologischen Rechtfertigung der Handlungen eines Charakters. Du brauchst auch seine Vergangenheit, Freunde, Familie, Bildung, Bedürfnisse etc für die Details im Plot. Schließlich wird deine Figur ja mal angerufen, trifft jemanden auf der Straße und arbeitet irgendwo. Willst du all dieses stimmig zusammenhalten, wird dir der Lebenslauf einer Figur gute Dienste leisten.
Dieser Lebenslauf ist in Teilen eine ausführlichere Fassung der Charakter-Checkliste, verfügt aber nicht über die gleiche Übersichtlichkeit. Von daher nutzen wir die Lebensläufe, um uns den Figuren zu nähern, sie selbst kennen zu lernen. Für das Schreiben übertragen wir dann die wichtigsten Eigenschaften in die Charakter-Checkliste.

Einige Autoren markieren im Lebenslauf (samt Charaktereigenschaften) die Punkte, welche im Erstentwurf des Plots auftauchen sollen.

Ein Alltag

Bist du so weit, deine Charaktererfindung einem ersten Test zu unterziehen? Dann schicke die Romanperson auf die Reise durch den Alltag. Schildere einen ganz normalen Tag im Leben deiner Figur. Lass nichts Besonderes geschehen, lass den Tag dahinplätschern. Dein Protagonist handelt nicht wie im Buch mit Maximalkapazität, sondern begeht einen unspektakulären Tag.

Er/sie wacht morgens auf - was dann? Wie fühlt er/sie sich? Was macht er/sie als Erstes, was als Nächstes usw. Am Ende: Wie schläft er/sie ein.

Kannst du ohne Probleme diesen Tag beschreiben? Geht er dir flüssig von der Feder? Das ist ein gutes Zeichen, dass du mit deiner Person vertraut bist - sie ist bereit für den Auftritt im Roman.

Zusatztipp: Sprich mit den Figuren, stelle Fragen

Bankgespräche mit virtuellen MenschenWenn du einmal nicht weiterkommst in deiner Figuren- oder Handlungsentwicklung, dann frag doch die Figur einfach. Setz dich hin und schreibe auf, welche Antworten diese Figur geben würde. Eine gute Möglichkeit, neue Ideen und plausible Handlungsansätze zu finden.
Du kannst das auf einem Spaziergang machen. Tu so, als ob der Charakter neben dir schreitet. Frag ihn zum Warmwerden etwas

Unverfängliches, zum Beispiel: »Wie geht es dir heute?« Wenn ihr dann so ins Reden kommt, fragst du immer tiefer. Manch genialer Einfall resultiert aus dieser Methode.

Doch du musst mit dieser Praktik nicht bis zum Auftreten von Problemen warten. Bei jedem »Spaziergang« mit deinen Figuren lernst du sie näher kennen, wirst vertrauter - und das Schreiben wird leichter.

Ein guter Ausgangspunkt können die folgenden Fragen sein:

  • Was hälst du von dir selber?
  • Wie stehst du zu deiner Familie?
  • Wovon träumst du am Tage?
  • Welche Art von Sex magst du?
  • Wie stehst du zur großen Liebe?
  • Was würdest du am liebsten an dir ändern?
  • Wie gefällt dir dein Körper?

Linktipp:
http://www.schriftsteller-werden.de/charakterentwicklung/100-fragen-fuer-deine-charaktere/ - mehr als genug virtueller Gesprächsstoff!

Das Figuren-Ensemble

Lajos Egri sagte: Eine gute Orchestrierung der Romanfiguren ist wichtig – es kann nicht nur Geigenspieler geben. Achte darauf, dass deine Figuren gut zusammenpassen, ein stimmiges Ensemble bilden, das sich ergänzt und zur Handlung des Romanes passt.
Interessant wird es, wenn familiäre Beziehungen zwischen den Personen bestehen (Ken Follet meint, dass jeder große Roman ein Familienroman sei). So lassen sich gut Schmelztiegeleffekte erzielen (die Figuren können nicht einfach auseinandergehen) und tiefe Konflikte aufbauen.

Der Böse

Besondere Sorgfalt solltest du in die plausible Begründung des Antagonisten (Gegenspieler) legen. Nur selten darf er ein gefühlloser Psychopath sein, der ohne Rücksicht auf andere seine Interessen durchboxt. Viel realistischer erscheint eine Figur, die aufgrund von Zwängen Böses tut oder die angesichts einer schlimmen Vergangenheit unfair agiert. Wichtig: Der Gegner sollte ungefähr die gleiche Stärke wie der Protagonist besitzen - damit es nicht langweilig wird :-)

Wie komme ich auf Ideen zu interessanten Figuren

Zuerst einmal solltest du die Motive ganz normaler Menschen kennenlernen. Frage einfach jeden, warum er dieses und jenes tut. Du wirst erstaunliche Antworten hören.
Als nächstes kannst du typische Charaktereigenschaften gut in Astrologieratgebern finden. Hier findest du eine Vielzahl typischer Eigenschaften von Menschen. Einige Linktipps:

Alternativ oder ergänzent nimmst du dir einige Psychologie-Standardwerke (oder deren Zusammenfassungen :-)  ) vor oder schaust zum Beispiel unter :

Zusatztipp: Mische einfach einmal die Charaktereigenschaften von dir bekannten Figuren und schaue, was dabei herauskommt. Wirkt es stimmig? Könnten sich daraus interessante Komplikationen ergeben? So kannst du auch vermeiden, dass sich deine Freunde allzu schnell in deinen Romanen wiedererkennen:-)

Oder, wie oben schon gesagt, begebe dich an einen öffentlichen Ort, belausche die Gespräche und kreiere aus dem, was du hörst, einen Lebenslauf. Das hilft, deine Romanfiguren von der eigenen Biografie zu lösen und damit andere Welten zu erschließen.

Archetypen

Eine Vielzahl großer (vielgelesener) Romane werden von einer Handvoll Charaktertypen bevölkert, den sogenannten Archetypen. Wie bei der Heldenreise finden sich diese in zahlreichen Kulturen und sind oftmals ein Erfolgsbestandteil dieser Geschichten. Du solltest sie kennen, um sie bewusst einzusetzen oder wegzulassen. Welche typischen Archetypen sind das?

  • Held und Bösewicht - das hatten wir schon.
  • Freund des Helden - der Helfer, im Range unter dem Helden
  • Mentor - der weise Lehrer
  • Der Undurchsichtige
  • Der Schüchterne - verkennt seine Fähigkeiten, unterschätzt sich
  • Das hässliche Entlein - mit dem großen Herzen
  • Der Falschspieler - gibt vor, ein anderer zu sein
  • Der Zweiseiter - Jekyll und Hyde in einer Person
  • Der gutmütige und hilfsbereite Riese (Chewbacca, Hagrid)
  • Der Witzbold
  • Der Flegel - lässt kein Fettnäpfchen aus
  • Der Doppelgänger - symbolisiert oft die Schattenseite des Helden

Figuren im Roman einführen

Lege den Charakter Schicht für Schicht freiNun ist es endlich so weit - die Charaktere und der Plot stehen, die Geschichte soll beginnen. Begehe nun nicht den Fehler, in seitenlanger Aufzählung alles über die Vorgeschichte der handelnden Personen zu erzählen. Lass die - sorgfältig ausgesuchten und vielsagenden - Details deiner Figuren nach und nach in die Geschichte einfließen. Wenn du gründlich bei der Figurenentwicklung gewesen bist, wird nur ein Teil deines Wissens über diese Person im Roman bekannt gegeben. Manch ein Schreibratgeber sprich sogar von der Spitze des Eisbergs.

Gebe immer nur einen kleinen Teil des Charakters preis - dein Leser lernt die Figur erst im Laufe des Buches kennen. Wie bei einer Zwiebel kannst du Schicht um Schicht des Inneren deiner Romanfigur dem Leser freilegen.

Aber: Dein Publikum muss eine Person erst kennenlernen, bevor es emotionalen Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Wenn du also tragische Gefühle durch einen Unfall erwecken möchtest, muss dein Leser die Unfallbeteiligten vorher erfahren haben. Hier gilt es, einen Kompromiss zwischen Figurenvorstellung und Handlungsvorantreiben zu finden.

Show, don't tell

Und wenn du dann die Eigenschaften in die Geschichte einfließen lässt, zeige diese Merkmale besser indirekt, zum Beispiel anhand von Handlungen: Ein großer Mann muss immer runterkucken, wenn er mit anderen spricht. Ein Dicker hat Schwierigkeiten, den Knopf der Hose zu schließen. Nicht sagen: Er kann gut Kopfrechnen, sondern zeigen, dass er die Summe des Einkaufswagens vor der Kassiererin wusste.

Besonders glaubhaft lässt sich die Figur über Dialog charakterisieren. Was und wie sie etwas sagt gibt viel ihrem Wesen preis. Oder, geschickt eingesetzt, Informationen zur Vergangenheit des Protagonisten, im Dialog, in Gedanken oder auf indirekte Weise.

Jeder Konflikt bietet sich dazu an, Eigenschaften deiner Romanfiguren zu entblättern: Wie handeln sie, was vermeiden sie. Brüllt die Figur oder lügt sie? Alles gibt ein Bild. Viel eindrücklicher und den Leser in die Geschichte ziehend, als die Eigenschaften nur zu benennen.

Hast du einen Tipp zur Figurenentwicklung? Wie sind dir Ideen gekommen? Wir würden uns über deinen Beitrag unten freuen.

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